Michael Moser
Richard-Wagner-Platz
Michael Moser
Vitale Urbanität am Tor zur Stadt – Die Neugestaltung des Richard-Wagner-Platzes in Leipzig
Das sehr ambitionierte Projekt zur Errichtung eines Shoppingcenters in der östlichen Verlängerung der sogenannten „Blechbüchse“ im Stadtbezirk Brühl, hat bei den Leipziger Bürgern temperamentvolle Diskussionen und auch eine sehr aufmerksame Einmischung in dieses Bauvorhaben bewirkt.
Die Blechbüchse ist ein ikonografisches Bauwerk, das fest im Selbstverständnis der Stadt Leipzig verwurzelt ist. Sie wurde 1966 vom Künstler und Metallgestalter Harry Müller entworfen und beherbergte ab 1968 mit dem „Konsument am Brühl“ das größte Warenhaus seiner Zeit in der DDR.
Der vor diesem Gebäude gelegene Richard-Wagner-Platz hat neben seiner torartigen Bedeutung als Eingang in die Stadt natürlich vor allen Dingen die Popularität und Aufmerksamkeit dieses Gebäudes zu beantworten. Deshalb wurde ein hochkarätiger Wettbewerb unter Landschaftsplanern mit Einbindung der Stadt Leipzig zur Neugestaltung des Platzes ausgelobt. Bei diesem Verfahren wurde vor allen Dingen der Wunsch manifestiert, dem Ort eine vitale Nutzung durch die Leipziger Bevölkerung zuzuführen und die prominente Lage herauszuarbeiten. Der beauftragte Entwurf von Irene Lohaus Peter Carl Landschaftsarchitektur aus Hannover zeigt auch deswegen eine Skaterbahn und die sehr schöne historische Brunnenanlage.
Die Entwicklung eines dazu passenden Beleuchtungskonzeptes war anspruchsvoll, da auf der einen Seite dem bestehenden Gebäuderiegel mit prominenter künstlerischer Fassade, und auf der anderen Seite der von Grüntuch Ernst Architekten geschaffenen modernen Fassade des Shoppingcenters mit Zitaten aus der Leipziger Baugeschichte der entsprechende Auftritt gegeben werden sollte, ohne dabei dem Platz die gewünschte Aufmerksamkeit zu entziehen. So wurde die prägnante und gut auf Licht reagierende Fassade des Kopfgebäudes mit einem neuartigen Beleuchtungssystem erhellt, das über ein Projektionsverfahren und eingesetzte Gobos sehr exakt und randscharf die Gebäudeabwicklung beleuchten kann. Ziel war das Aufbringen eines sanften, fast unmerklichen Lichtlayers, sodass für den interessierten Betrachter das Gebäude nicht als „angestrahlt“ sondern aus der Struktur heraus sanft illuminiert erscheint. Der vor dem Gebäude befindliche Platz hat so einen adäquaten Auftritt im stadträumlichen Kontext.
Für den Platz selbst wurde ein Leuchtensystem ausgewählt, mit dem die unterschiedlichen Platzstrukturen und Nutzungen individuell beleuchtet werden können. Ein modular aufgebautes Mastsystem erlaubt Leuchten zu verwenden, die mit unterschiedlichen Lichtverteilungen, von akzentuiert bis gleichmäßig, die Platzfläche bedienen können. Auf diesem Weg konnte die Skaterbahn mit eher hohen Beleuchtungsstärken versorgt und so der Nutzung angemessen illuminiert werden. Andere Teile des Platzes sind hingegen mit einem niedrigen und eher atmosphärischen Lichtniveau bedient.
Das neugeschaffene stadträumliche Ensemble aus Platz und Gebäuderiegel wurde nach Fertigstellung von der Leipziger Bürgerschaft positiv angenommen. Von weiter Entfernung erscheint die kunstvoll gestaltete Fassade der späten 60er als gewünschter Aufmacher in szenografischer Hinsicht – bei Annäherung an den Platz verändert sich die Wahrnehmung zugunsten der horizontalen Platzebene und macht neugierig auf die Attraktionen und Installationen am Ort. Das realisierte Konzept hat international viel Aufmerksamkeit erzeugt und wurde von einer erfahrenen Jury mit dem city.people.light Award 2014 ausgezeichnet.