Luc Bernard
Werner Huthmacher
Stefan Müller
Demokratie als Bauherr – Paul-Löbe-Haus in Berlin
Hinter den Glasfassaden an der Ost- und Westseite des Gebäudes erwartet den Betrachter eine spannungsreiche Rauminszenierung: Zwei lange Treppen, effektvoll zwischen Glashaut und Betonwand des Gebäudes gefügt, laufen über mehrere Geschosse und steigen dem Himmel entgegen, um dann im obersten Geschoss kurz unter dem Dach auf einer Galerie in der Halle zu enden. Vor allem bei Dunkelheit sind die Treppenläufe von außen gut zu erkennen, wenn sie sich vor den Betonwänden abzeichnen, die in helles Licht getaucht sind. Um diese Wände möglichst gleichmäßig ausleuchten zu können, wurden auf der Innenseite der Fassadenpfosten schmale Lichtprofile eingebaut. Da sie die gleiche Breite und Oberflächenbeschaffenheit wie die Fassadenprofile haben, fallen sie weder im Innenraum auf, noch sind sie von außen zu erkennen – die Lichtquelle bleibt unsichtbar, sodass die Betonwände auf geheimnisvolle Weise selbst zu leuchten scheinen.
Eine Halle teilt den Betonkörper der Länge nach in zwei gleiche Teile. Gesäumt wird sie auf den beiden Seiten jeweils von einer Kammstruktur, welche die Abgeordnetenbüros beherbergt und dreiseitig umschlossene Höfe an den Längsseiten des Gebäudes entstehen lässt. Acht gebäudehohe Zylinder schieben sich so in den Kammrücken, dass sie je zur Hälfte in die Halle und zur anderen Hälfte in die Höfe ragen. Ihre runde Sonderform zeigt eine besondere Nutzung an, denn hier finden die Sitzungssäle der Ausschüsse Platz. Um die runde Form der acht Zylinder zu betonen, werden diese gesondert beleuchtet. In der Kehle zwischen den Unterseiten der umlaufenden Galerien und den Zylinderwänden sitzen bandförmige Lichtvouten, welche die Wand von oben in weiches Licht tauchen und als leuchtender Ring die Galerien optisch von den Zylindern lösen.
Der Kreis ist das dominierende Element in den Räumen, in denen die Ausschüsse tagen. Die umlaufende Galerie folgt jeweils den runden Wänden, und die Arbeitstische sind ringförmig angeordnet. Auch die Beleuchtungselemente nehmen dieses Spiel auf. Unter der Decke hängt ein Ring von 22 m Durchmesser, auf dessen Oberseite Indirektleuchten nach oben strahlen. Dadurch löst er sich optisch von der Decke und scheint im Raum zu schweben. Er sorgt aber auch – ganz handfest – für eine gezielte Beleuchtung der Sitzungstische.
Da das Paul-Löbe-Haus auf allen Seiten von öffentlichem, frei zugänglichem Raum umgeben ist, führt ein Tunnel unter Straßenniveau in den Reichstag hinüber. Durch ihn können die Parlamentarier trockenen Fußes von einem Gebäude in das andere gelangen. Hier dient das Licht dazu, die räumliche Schwere auszugleichen und den Raum freundlich wirken zu lassen. Seine beiden Längswände als vertikale Raumbegrenzungen wurden unterschiedlich behandelt: Auf der Westseite blenden Bodeneinbauleuchten mit Wandfluteroptik die Wand ein. Die Ostseite hingegen erhielt auf ganzer Höhe eine Glasschicht, hinter der sich Reflektorlichtleisten verbergen und die weiße Wand hinter der Glasfläche von oben anstrahlen. Auf diese Weise scheint das punktgehaltene Glas zu leuchten.