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Kulturbauten & Veranstaltungsorte

SPORE INITIATIVE

Berlin, Deutschland
Architekten
AFF Architekten GmbH, Berlin
Bauherr
Schöpflin Stiftung, Lörrach
Nutzer
Spore Initiative
Projektsteuerung
SMB Bauprojektsteuerung Ingenieurgesellschaft mbH, Berlin
Projektgröße
ca. 3.500 m²
Fertigstellung
2023
Fotos
Tjark Spille

Nachhaltigkeit und Kultur in Einklang: Das Haus Spore Initiative in Berlin

In der ehemaligen Einflugschneise des Flughafens Tempelhof Berlin ist mit den von AFF Architekten entworfenen Gebäuden „Spore Initiative“ und „Haus des gemeinnützigen Journalismus“ ein attraktives Ensemble mit Raum für Kreativität, Kultur und multidisziplinäre Vernetzung entstanden. Das Spore Gebäude ist im Frühjahr 2023 feierlich eröffnet worden, während das Haus des Journalismus im Herbst folgen wird.

Die Spore Initiative versteht sich als Zentrum für globale Earthbound-Projekte, die sich für einen ökologisch definierten Wandel engagieren, und ist der Förderung kultureller Erfahrungen gewidmet. Die Schöpflin Stiftung als Bauherr möchte mit dem Haus einen Begegnungsort anbieten, der Dialog und ein lebendiges Netzwerk ermöglicht sowie als öffentliche Arena wirkt. Mit Cafeteria, Bibliothek, Auditorium, Kunstausstellungsraum, Appartements für Künstler und Autoren, Seminar- und Projekträumen sowie Produktionswerkstätten bietet die Spore Initiative ein vielseitiges und hochqualitatives Programm an.

Wir zeichnen für die Lichtplanung in den öffentlichen Bereichen des Erdgeschosses im Haus Spore sowie für die Ausstellungsfläche im 1. Obergeschoss verantwortlich. Das integrierte Beleuchtungskonzept unterstreicht den offenen Charakter der skulpturalen, klaren Architektur mit differenzierten Lichtatmosphären und fördert die didaktische und ästhetische Erfahrung in den vielfältig nutzbaren Räumlichkeiten.

Das grundlegende Ziel der Spore Initiative ist es, einen Dialog zwischen Akteuren aus der Politik, Gesellschaft und Kunst zu fördern, mit dem Ziel Kultur und Natur in Einklang zu bringen und Projekte zu unterstützen, die sich für einen ökologischen Wandel einsetzen. Dazu hat der Bauherr, die Schöpflin Stiftung aus Lörrach, einen Ideenwettbewerb ausgeschrieben, aus dem AFF Gesellschaft von Architekten mbH aus Berlin 2018 als Gewinner hervorging. Mit ihrem skulpturalen und doch zeitlosen Entwurf für das Gebäudeensemble aus Spore Initiative und Haus des gemeinnützigen Journalismus nehmen die Planer in Materialität und Maßstab respektvollen Bezug auf die Umgebung. So findet sich die Verwendung von rotem Backsteinmauerwerk nicht nur in den naheliegenden Friedhofsgebäuden, sondern auch in anderen öffentlichen Berliner Gebäuden wieder.

Das Grundstück der Spore Initiative liegt an der belebten Hermannstraße im Berliner Ortsteil Neukölln, rechts des historischen Eingangs zum evangelischen Friedhof Jerusalem V, der in den kommenden Jahrzehnten nach und nach verkauft und umgewidmet werden soll. In unmittelbarer Nähe des ehemaligen Flughafens Tempelhof und in dessen alter Einflugschneise gelegen, haben die Architekten des Berliner Büros AFF neben dem Friedhofsportal auch zwei denkmalgeschützte Anflugbefeuerungsmasten in das architektonische Gefüge einbezogen, um eine Kommunikation zwischen Gebäuden und Umfeld zu erreichen. Der Neubau mit seinen fließenden Formen und dem außergewöhnlichen Zusammenspiel aus unterschiedlichen Ziegelarten öffnet sich dem Publikum mit einem einladenden, gläsernen Erdgeschoss und einer großen, sich über Eck erstreckenden Dachterrasse. Der Innenraum zeichnet sich vor allem durch Betonelemente und eine markante Stahlbetonkassettendecke aus.

Im Erdgeschoss, das als Bewegungslandschaft für alle öffentlichen Funktionen fungiert, gibt es eine Lobby, Cafeteria, Projektraum und ein Auditorium, im 1. Stock Ausstellungsflächen, darüber eine Bibliothek, Seminarräume, Appartements für Künstler und Autoren, Ateliers sowie Büros. Im Untergeschoss sind die erforderlichen Nebennutzflächen untergebracht. Die auch über eine Außentreppe erschließbare Dachterrasse ist begrenzt öffentlich zugänglich und bietet Mitarbeitern und Besuchern attraktiven Raum für Austausch und Begegnung.

Der Besucher betritt die fließenden Räume des ca. 4 Meter hohen Erdgeschosses über den neugestalteten Vorplatz an der Herrmannstraße. Eine Besonderheit ist, dass sich die Materialität des Außenraums farblich in den grauen Sichtestrich des Innenraums fortsetzt und so ein enger Bezug von außen und innen erreicht wird. Der durch die großzügigen raumhohen Glasflächen tageslichtdurchflutete Foyerbereich mit seiner rohen Materialität wird durch eine markante Deckenstruktur aus kassettierten Betondecken geprägt. Die polygonalen Deckenfelder bilden eine zellenartige Struktur und sind zwischen den Unterzügen als profilierte Decke mit integrierten Holzbetonakustikstreifen ausgeführt. Das Lichtkonzept greift die grafische Formensprache geschickt auf, indem lineare Lichtelemente in aufgelöster Anordnung in die Rippen integriert wurden. Je nach Größe und Form der Deckenzellen variieren die Anzahl und Längen der direktstrahlenden Lichtlinien, welche mit einer breiten Ausstrahlcharakteristik und einer Lichtfarbe von 3.000 K für eine vitale Grundbeleuchtung sorgen, die zum Erkunden und Verweilen einlädt. Die Lichtatmosphäre unterstützt den natürlichen Charakter des Gebäudes durch subtile Abstufungen in der Gleichmäßigkeit bei angemessen verteilten Helligkeitsniveaus. Zusätzlich werden die vorrangig hellen Materialien der Innenraumgestaltung und die frei im Raum arrangierten Möbel betont, während das von den Oberflächen reflektierende Licht die Deckenstruktur sanft einblendet und hervorhebt.

Das Auditorium ist durch eine an die Zellenstruktur angepasste, silberfarbene Faltwand vom Foyer abtrennbar. Der Raum öffnet sich treppenartig in die Tiefe des Gebäudes vom Erdgeschoss bis ins Untergeschoss hinein und bietet Platz für 85 Personen. Der so entstehende Höhenunterschied wird lichttechnisch kompensiert durch breit- und mittelbreitstrahlende lineare Aufbauleuchten im Erdgeschossbereich und eng- und mittelbreitstrahlende Leuchten mit höherer Leistung in den raumtiefen Bereichen. Zur Akzentuierung von Redner- und Bühnenbereich sind engstrahlende Stromschienenstrahler von den seitlichen Randbereichen auf das Rednerpult gerichtet.
Die Rückwand des Raumes wird durch in die Akustikpaneele eingelassene Wandfluter aufgehellt. Im Bühnenbereich wird eine mittlere Helligkeit von 500 lx erreicht, im Zuschauerbereich sind es bis zu 300 lx. Die getrennte Steuerbarkeit der Beleuchtung über ein wandmontiertes Kontrollpaneel erlaubt eine einfache Anpassung der Beleuchtung an den jeweiligen Bedarf.

Im Projektraum kommt das gleiche Beleuchtungsprinzip wie im Auditorium zum Einsatz. In die Stromschienen können zur zusätzlichen Akzentuierung Strahler eingesetzt oder Pendelleuchten angebracht werden.

Die Lounge und Cafeteria sind zum Vorplatz hin orientiert und schaffen über die großzügige Glasfassade eine Verbindung zum Freiraum mit der angrenzenden Terrasse. Die Grundbeleuchtung wird im Bereich des Tresens durch ein druckvolles Licht aus mittelbreitstrahlenden Deckenleuchten ergänzt sowie im Sitzbereich durch dekorative Pendelleuchten, die so eine gute Orientierung im Raum und eine Akzentuierung der gastronomischen Fläche schaffen.

Die massiven, tragenden Betonstützen des Gebäudes sind gleichzeitig Durchgänge zu Kabinett und Garderobe. Diese zentralen Elemente der Architektur werden von unten durch asymmetrisch abstrahlende Bodeneinbauleuchten mit Streiflicht akzentuiert und damit in ihrer tragenden Eigenschaft unterstrichen. Das Kabinett schlägt die Brücke zum Beleuchtungskonzept im oberen, reinen Ausstellungsbereich. Der ca. 45 Quadratmeter große Ausstellungsraum ist über ein großes Sichtfenster mit der Lounge verbunden und im Kontrast zum übrigen Erdgeschoss ganz in Weiß gehalten. Eine abgehängte Metallrasterdecke ist gleichmäßig durch parallellaufende, versenkte Metallprofile unterteilt. In diese sind weiße Stromschienen eingelassen und ca. 90 cm lange LED-Lichtleisten mit Farbwiedergabe >90 in gleichmäßigem Rhythmus adaptiert. Zwischen den Lichtleisten und an den Wandseiten sind breitstrahlende Stromschienenstrahler angebracht, die mit Potentiometern auf die gewünschte Helligkeit eingestellt werden können. Beide Systeme sind flexibel: Die Strahler können mit entsprechendem Zubehör in ihrer Abstrahlcharakteristik verändert und an den Bedarf angepasst werden.

Die zentrale, skulpturale Foyertreppe bildet das Herzstück des Erdgeschosses und windet sich zwischen den tragenden Stützen vom Untergeschoss ins Obergeschoss. Gekrönt wird das Treppenhaus durch ein Oberlicht über dem Treppenauge, welches üppig Tageslicht in das Gebäude lässt. Die schwenkbaren, linearen Einbaudownlights lassen sich an die Deckenneigungen anpassen und sind je nach Deckenhöhe in geeigneter Abstrahlcharakteristik entweder engstrahlend im hohen Deckenbereich oder mittel- bis breitstrahlend in den niedrigeren Raumbereichen ausgewählt. Die mit Einbauwandflutern aufgehellte Rückwand schafft einen visuellen Ruhepunkt und begleitet den Besucher bei der Erschließung der Räumlichkeiten.

Die Ausstellungsflächen im 1. Obergeschoss sind als sogenannter „White Cube“ ausgeführt: In dem leeren, mit seinen weißen Oberflächen neutral wirkenden Raum kann die Kunst flexibel angeordnet werden. An zwei Stellen platzierte Öffnungen ermöglichen Ausblicke ins städtische Umfeld. Die Architekten von AFF haben für den Boden einen Weißzementestrich gewählt, während die weiße Rohdecke und die Unterzüge von einer abgehängten Metallrasterdecke kaschiert werden. Zur langen Gebäudeseite parallellaufende Fugen in der Einstegrasterdecke nehmen 3-Phasen-Stromschienen auf, an denen LED-Lichtleisten sowie Strahler mit exzellenten Farbwiedergabeeigenschaften flexibel angeordnet werden können. Alle Beleuchtungselemente sind ebenfalls in Weiß gehalten und fügen sich in die klare und zurückgenommene Gestaltung des Raumes ein.

Vorplatz, Durchgang und Seiteneingang werden durch beidseitig an das historische Friedhofsportal adaptierte Wandanbauleuchten mit Licht versorgt. Die zur Straße hin orientierten Leuchten sind wie die angrenzenden Straßenleuchten die ganze Nacht über angeschaltet. Für den halböffentlichen Bereich des Seiteneingangs wird die rückseitig am Tor angebrachte Beleuchtung durch eine anwesenheitsabhängige Steuerung aktiviert. Der an der Außenmauer aus rotem Ziegelstein entlangführende Handlauf birgt die Grund- und Sicherheitsbeleuchtung für die Erschließung der Dachterrasse. Mit der vorherrschenden ausreichenden Helligkeit und den erfüllten Sicherheitsaspekten entspricht die Ausführung den Anforderungen des für die Stadt richtungsweisenden Berliner Lichtmasterplans, bei dem eine umweltverträgliche Beleuchtung ein wichtiger Bestandteil ist.

Bei der Dachterrasse kommen entsprechend ihrer Funktion als grüne Oase und Rückzugsbereich, Veranstaltungsort und Bühne verschiedene Lichtszenarien zum Einsatz und schaffen die gewünschte Atmosphäre und Aufenthaltsqualität. Die dezent in die Brüstung eingelassenen, nach vorne abstrahlenden Betoneinbauleuchten sorgen für eine dezente Grundbeleuchtung bei Veranstaltungen. Der organisch geformte Pavillon im Zentrum der Dachterrasse – sowohl Bühne, als auch Zuschauer- oder Interaktionsraum für Seminare und Vorträge – wird aus der Dachstruktur heraus illuminiert, die in ihrer unregelmäßigen Anordnung an einen Sternenhimmel erinnert und vielseitige Beleuchtungsmöglichkeiten bietet.

Die auf der Terrasse hügelartig angeordneten Pflanzbereiche und ihre Vegetation aus Gräsern, Stauden und Bäumen werden durch minimalistisch abstrahierte, nach unten abstrahlende „Glockenblumen“ akzentuiert beleuchtet. Auf diese Weise wird der Grünbereich auflockernd zoniert.

Mit dem Haus Spore Initiative ist ein selbstbewusster und eigenständiger Bau entstanden, der mit seiner offenen und einladenden Gestaltung identitätsstiftend für Neukölln sein wird. Der respektvolle Umgang der Planer mit dem Genius Loci sowie der Anspruch, ein Haus zu schaffen, das sich als Ort des Treffens und Dialogs versteht, machen den Bau sehens- und besuchenswert.

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